ETFs vs. Einzelaktien: Die Performance im historischen Vergleich

ETF vs Aktien Performance

Eine der wichtigsten Fragen für Anleger lautet: Lohnt sich der Aufwand, Einzelaktien auszuwählen, oder ist man mit passiven Indexfonds (ETFs) besser bedient? In diesem Artikel untersuchen wir die historische Performance beider Anlageformen über verschiedene Marktzyklen hinweg und ziehen Schlüsse für Ihre persönliche Anlagestrategie.

Die Effizienzmarkthypothese und ihre Bedeutung

Die Diskussion über ETFs versus Einzelaktien ist eng mit der Effizienzmarkthypothese (EMH) verbunden. Diese Theorie besagt, dass Aktienkurse alle verfügbaren Informationen bereits widerspiegeln und daher nicht konsistent übertroffen werden können. Nach dieser Logik wäre die Auswahl einzelner Aktien im Wesentlichen ein Glücksspiel.

Die EMH existiert in drei Formen:

  • Schwache Form: Vergangene Kursbewegungen können nicht für Vorhersagen genutzt werden.
  • Mittelstarke Form: Alle öffentlich verfügbaren Informationen sind bereits eingepreist.
  • Starke Form: Alle Informationen, auch nicht-öffentliche, sind im Kurs berücksichtigt.

Falls die mittelstarke oder starke Form der EMH zutrifft, wäre die Auswahl von Einzelaktien auf Basis von Fundamentaldaten oder technischer Analyse ineffektiv. Die Realität zeigt jedoch, dass Märkte nicht immer vollständig effizient sind.

Historische Performance von ETFs

Indexfonds, und später ETFs, wurden entwickelt, um die Ineffizienz aktiver Anlagestrategien zu nutzen, indem sie einfach dem Markt folgen. Die Daten unterstützen diesen Ansatz: Laut zahlreichen Studien von S&P Dow Jones Indices schlagen über einen 15-Jahres-Zeitraum etwa 90% aller aktiv gemanagten Fonds ihre Vergleichsindizes nicht.

Für breite Marktindizes wie den S&P 500 zeigt die Geschichte eine langfristige durchschnittliche jährliche Rendite von etwa 10% (vor Inflation). Dank niedriger Kosten und breiter Diversifikation bieten ETFs folgende Vorteile:

  • Zuverlässige Marktrenditen mit minimalen Kosten
  • Automatische Diversifikation
  • Geringer Zeitaufwand für die Verwaltung
  • Weniger emotionale Entscheidungen

Einzelaktien: Chancen und historische Ergebnisse

Während die durchschnittliche Performance von Einzelaktien als Gruppe dem Index entspricht (vor Kosten), zeigt die Verteilung der Renditen ein faszinierendes Bild. Eine Studie von Hendrik Bessembinder (Arizona State University) ergab, dass zwischen 1926 und 2016 nur 4% aller börsennotierten US-Aktien für den gesamten Nettogewinn des Aktienmarkts verantwortlich waren. Die meisten Aktien erzielten Renditen unterhalb von Staatsanleihen.

Diese extreme Verteilung zeigt:

  • Einige wenige "Superaktien" treiben die Gesamtrendite des Marktes.
  • Die Mehrheit der Aktien liefert unterdurchschnittliche Ergebnisse.
  • Das Risiko, die großen Gewinner zu verpassen, ist signifikant.

Dennoch gibt es erfolgreiche Investoren wie Warren Buffett, Peter Lynch oder Renaissance Technologies, die über lange Zeiträume hinweg den Markt übertreffen konnten.

Performance-Vergleich in verschiedenen Marktphasen

In Bullenmärkten

In starken Aufwärtsphasen können konzentrierte Positionen in Wachstumsaktien oder bestimmten Sektoren zu außergewöhnlichen Renditen führen. In der Tech-Hausse der späten 1990er Jahre erzielten viele Technologieaktien Renditen von mehreren hundert Prozent, während ein diversifizierter Index deutlich weniger zulegte.

Ähnlich zeigten während des Bullenmarkts 2009-2020 die "FAANG"-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google) dramatische Outperformance gegenüber dem breiteren Markt. Ein konzentriertes Portfolio aus diesen Titeln hätte einen Index-ETF deutlich übertroffen.

In Bärenmärkten und Krisen

In Abschwungphasen zeigt sich die Stärke der Diversifikation. Während des Platzens der Dotcom-Blase (2000-2002) verloren viele Technologieaktien über 90% ihres Wertes, während der S&P 500 "nur" etwa 45% einbüßte. Ähnlich war es während der Finanzkrise 2008-2009, als einige Banken komplett kollabierten, während diversifizierte Indizes sich langfristig erholten.

Die COVID-19-Krise 2020 zeigte ein gemischtes Bild: Während Reise-, Freizeit- und Energieunternehmen massiv litten, profitierten Tech- und E-Commerce-Unternehmen. Ein breit diversifizierter ETF dämpfte die Extremausschläge in beide Richtungen.

In Seitwärtsmärkten

In Phasen seitwärts tendierender Märkte können Dividendenstrategien oder Value-Ansätze mit Einzelaktien Vorteile bieten. In der Periode 2000-2010, als der S&P 500 kaum Fortschritte machte (der sogenannte "verlorene Jahrzehnt"), erzielten Dividendenstrategien und Investments in Schwellenländern deutlich bessere Ergebnisse.

Der Einfluss von Kosten und Steuern

Ein oft übersehener Faktor bei Performancevergleichen sind Kosten und Steuern. ETFs bieten hier strukturelle Vorteile:

  • Kosteneffizienz: ETFs haben typischerweise deutlich niedrigere Gebühren als aktiv gemanagte Fonds. Während ein S&P 500 ETF Kosten von 0,03-0,10% pro Jahr verursachen kann, liegen aktive Fonds oft bei 1-2%.
  • Steuereffizienz: Durch ihre Struktur und den geringen Portfolioumschlag generieren ETFs weniger steuerpflichtige Ereignisse als aktiv gemanagte Portfolios.
  • Transaktionskosten: Häufiges Handeln mit Einzelaktien erzeugt Gebühren, die die Nettorendite reduzieren.

Der menschliche Faktor: Verhaltensökonomie

Ein entscheidender Aspekt beim Vergleich von ETFs und Einzelaktien ist die Psychologie des Anlegers. Zahlreiche Studien zeigen, dass Privatanleger durch emotionale Entscheidungen und Verhaltensverzerrungen ihre Renditen deutlich schmälern:

  • Overconfidence Bias: Überschätzung der eigenen Fähigkeiten bei der Aktienauswahl
  • Loss Aversion: Asymmetrische Risikowahrnehmung führt zu schlechtem Timing
  • Herdentrieb: Tendenz, Markthochs zu kaufen und Tiefs zu verkaufen
  • Confirmation Bias: Selektive Wahrnehmung bestätigender Informationen

Die Daten von Dalbar (einer Finanzforschungsgesellschaft) zeigen regelmäßig eine erschreckende Diskrepanz: Während Marktindizes langfristig rund 10% pro Jahr erzielen, liegt die tatsächliche Rendite des durchschnittlichen Privatanlegers oft nur bei 3-5% - hauptsächlich aufgrund schlechten Timings und emotionaler Entscheidungen.

Fazit: Welche Strategie ist die richtige?

Die historischen Daten zeigen ein nuanciertes Bild:

  • Der Großteil der aktiven Anleger (sowohl Privatanleger als auch Profis) schafft es nicht, den Markt langfristig zu schlagen.
  • Für die meisten Anleger bieten breit diversifizierte ETFs das beste Verhältnis von Rendite zu Aufwand und Risiko.
  • Einzelaktien können in bestimmten Marktphasen überdurchschnittliche Renditen erzielen, bringen aber höhere Volatilität und Risiken mit sich.

Die beste Strategie hängt letztlich von persönlichen Faktoren ab:

  • Zeit und Kompetenz: Haben Sie die Zeit und das Wissen, um Unternehmen gründlich zu analysieren?
  • Emotionale Disziplin: Können Sie Marktvolatilität aushalten ohne zu panischen?
  • Finanzielle Situation: Wie wichtig ist Kapitalerhalt versus maximale Rendite?

Viele erfolgreiche Anleger wählen einen hybriden Ansatz: Ein solides Kernportfolio aus ETFs, ergänzt durch ausgewählte Einzelaktien in Bereichen, wo sie besondere Kenntnisse oder Überzeugungen haben. Diese Strategie kombiniert die Sicherheit der breiten Diversifikation mit der Chance auf Outperformance in spezifischen Segmenten.